Das Konzept des Loslassens wird oft missverstanden. Viele Menschen denken, dass Loslassen bedeutet, bestimmte Gefühle oder Empfindungen einfach loszuwerden – als ob sie verschwinden müssten oder nicht da sein dürften. Doch wenn wir uns intensiv auf das Loslassen konzentrieren, sind wir häufig eher dabei, unsere Gefühle zu verdrängen oder sie abzulehnen, anstatt wirklich loszulassen. Doch echtes Loslassen bezieht sich weniger auf das Beseitigen der Empfindungen selbst, sondern vielmehr auf unsere Reaktion auf sie. Es geht darum, die Spannung und die körperlichen Muster, die durch bestimmte Gefühle entstehen, loszulassen.
Teil 1: Weisheitsaspekt – Was bedeutet Loslassen wirklich?
Loslassen ist nicht das gleiche wie Verdrängen oder Unterdrücken. Wenn wir zum Beispiel Wut oder Angst verspüren, reagiert unser Körper oft sofort: Die Schultern spannen sich an, der Kiefer wird fest, und die Augen kneifen sich zusammen. Unser erster Impuls ist häufig, gegen diese unangenehmen Empfindungen anzukämpfen und sie so schnell wie möglich loszuwerden. Doch das führt oft zu mehr innerer Spannung und blockiert die Möglichkeit, die Situation wirklich anzunehmen.
Echtes Loslassen bedeutet, diese körperlichen Reaktionen und Spannungen bewusst wahrzunehmen und gezielt zu entspannen, auch wenn die Emotionen wie Wut oder Angst weiterhin präsent sind. Es geht darum, den natürlichen Instinkt, gegen diese Emotionen anzukämpfen, zu überwinden und sich ihnen zu öffnen. Wir lassen die Spannung los, die mit unserer Reaktion auf die Situation verbunden ist, ohne die Empfindung selbst zu verdrängen. So lösen sich die negativen Gefühle nach und nach von selbst auf, weil sie keinen „Anker“ im Körper mehr haben.
Das Loslassen bezieht sich also mehr auf unseren Umgang mit der Situation, nicht darauf, die Situation selbst zu verändern. Anstatt uns gegen das, was wir empfinden, zu wehren, akzeptieren wir es und lassen die Reaktion unseres Körpers los. Auf diese Weise können wir zu einem Zustand der Gelassenheit und inneren Ruhe zurückfinden, ohne die Realität unserer Emotionen zu leugnen.
Teil 2: Methoden-Aspekt – Eine Übung zum Loslassen
Schritt 1: Ankommen und Atmung beobachten
Setze dich bequem hin, schließe deine Augen und konzentriere dich für ein paar Minuten auf deinen Atem. Nimm wahr, wie die Luft in deinen Körper einströmt und wieder ausströmt. Lass deine Gedanken ziehen und fokussiere dich nur auf die sanften Bewegungen deines Atems.
Schritt 2: Emotionen und körperliche Reaktionen wahrnehmen
Erinnere dich an eine Situation, die dich kürzlich wütend oder ängstlich gemacht hat. Bringe diese Emotion bewusst ins Gedächtnis und beobachte, wie dein Körper darauf reagiert. Spannen sich deine Schultern an? Ist dein Kiefer fest? Sind deine Hände verkrampft? Nimm diese körperlichen Empfindungen genau wahr, ohne sie zu bewerten oder zu verändern.
Schritt 3: Loslassen der körperlichen Spannungen
Nun versuche, deine Muskeln bewusst zu entspannen, während die Emotion noch da ist. Atme tief ein und mit jedem Ausatmen lass die Spannung in deinen Schultern, deinem Kiefer und deinem Nacken los. Lasse diese Bereiche weich werden, auch wenn die Emotion weiterhin präsent ist. Verliere dich nicht in der Emotion, sondern bleibe bei der körperlichen Entspannung.
Schritt 4: In der Entspannung verweilen
Verweile in diesem entspannten Zustand. Nimm bewusst wahr, dass die Gefühle wie Wut oder Angst noch da sind, aber du musst nicht mit ihnen interagieren. Lasse sie einfach da sein, ohne auf sie zu reagieren. Verdeutliche dir, dass du trotz der Gefühle entspannt und losgelassen sein kannst. Es ist nicht notwendig, die Emotionen zu verdrängen, sondern nur die körperlichen Spannungen, die sie begleiten, loszulassen.
Schritt 5: Reflektion über den Nutzen des Loslassens
Beende die Übung, indem du kurz darüber reflektierst, welchen Unterschied es für dich und dein Wohlbefinden macht, wenn du in solchen Momenten der Anspannung bewusst loslässt. Überlege, wie das Loslassen deiner körperlichen Reaktionen dir helfen kann, in stressigen Situationen ruhiger und gelassener zu bleiben. Indem du nicht mehr gegen deine Emotionen ankämpfst, sondern ihre körperlichen Manifestationen loslässt, können diese negativen Gefühle schneller und leichter abklingen.
Schlussbemerkung
Loslassen ist ein wichtiger Schritt, um Gelassenheit und innere Ruhe zu entwickeln. Es geht nicht darum, Emotionen zu unterdrücken oder zu ignorieren, sondern darum, den körperlichen und geistigen Widerstand gegen die Gefühle zu lösen. Wenn wir lernen, unsere körperlichen Reaktionen auf Emotionen loszulassen, haben diese negativen Gefühle keinen Halt mehr und können sich auf natürliche Weise auflösen. Indem wir akzeptieren, was wir fühlen, und die damit verbundenen Spannungen loslassen, finden wir einen Weg zu mehr innerer Freiheit und Ruhe.